Corona ist nicht an allem schuld

Werttreiber entdecken, Wertvernichter entlarven

Nun ist es soweit: Nach einer langen Zeit guter Renditen befindet sich das Unternehmen in der Ergebniskrise oder die Liquidität wird schon knapp. Jetzt muss schnell und zielgerichtet gehandelt werden. Das Ziel ist es, die Zahlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Allerdings ist das  nur die finanzwirtschaftliche Seite der Medaille. Doch Hand aufs Herz: Sind die Probleme wirklich nur der „Corona-Effekt“?

Liegen die Probleme wirklich nur auf der Umsatzseite? Ist allein Corona schuld an den Schwierigkeiten? Liegen die Ursachen der Krise nicht viel tiefer? Ist es nicht gar so, dass das Betriebsmodell nicht in der Lage ist, eine angemessene Rendite zu erwirtschaften? Wird mit den Produkten überhaupt Geld verdient?

Zahlungsfähigkeit allein wird ein Unternehmen nicht retten

Ein Unternehmen muss eine angemessene Rendite erwirtschaften, um mittelfristig am Markt erfolgreich bestehen zu können. Dies sagt auch der IDW S6, der im fortgeschrittenen Krisenstadium den rechtssicheren Handlungsrahmen setzt. Damit ein Unternehmen sanierungsfähig ist, bedarf es demnach zweier Bedingungen:

  • Fortführungsfähigkeit, also Zahlungsfähigkeit mindestens im laufenden sowie im kommenden Geschäftsjahr („notwendige“ Bedingung)
  • Wettbewerbsfähigkeit, die sich in einer branchenüblichen Rendite sowie einer angemessenen Eigenkapitalausstattung zum Ende des Planungszeitraums widerspiegelt („hinreichende“ Bedingung).

In der Praxis stellen wir immer wieder fest, dass das Thema Wettbewerbsfähigkeit – jenseits der Integrierten Planung – eine weitaus größere Hürde darstellt als es zunächst den Anschein hat. Denn die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit bedeutet tiefgreifende Einschnitte im Zuge der Transformation, die aktiv angegangen und konsequent zu Ende gebracht werden müssen. Die damit einhergehenden Herausforderungen sind bekannt und reichen von den viel zitierten „verkrusteten Strukturen“ bis hin zum aktiven Boykott von (ungeliebten) Maßnahmen und dem Bewahren von Besitzständen.

Womit wird Geld verdient?

Bevor jedoch das zukünftige Geschäfts- und Betriebsmodell beschrieben und umgesetzt werden können, bedarf es vor allem der Transparenz. Es muss nachvollziehbar sein, welche Produkte und Services einen positiven Ergebnisbeitrag erwirtschaften und welche nicht. Alle nicht wertschöpfenden Tätigkeiten sind – je nach Krisensituation und Verbundeffekten – umgehend einzustellen. Natürlich gilt es, die Rahmenbedingungen mit ins Kalkül zu ziehen, zum Beispiel bestehende Rahmenlieferverträge etc. Es muss jedoch vor allem Akzeptanz aufgebaut werden – im Controlling, im Vertrieb, der Produktion und vor allem im Management. Denn wir stellen immer wieder fest, dass es den Entscheidern schwer fällt anzuerkennen, dass nicht alle Produkte sinnvoll, das heißt wirtschaftlich, hergestellt und vermarktet werden können. Wenn dem so wäre, denn wäre die Situation nicht die, die sie ist.

Die wenigsten Unternehmen besitzen diese Transparenz; die wenigsten Unternehmen kennen ihre Werttreiber. Selbst in von außen als „modern“ wahrgenommenen Unternehmen fällt es häufig schwer zu sagen, mit welchen Produkten und Service wie viel Geld verdient wird und welche Tätigkeiten Erträge vernichten. Deckungsbeitragsrechnungen sind nur rudimentär im Controllingalltag vorhanden und werden noch seltener genutzt. In der Serviceindustrie findet man diese nur in Ausnahmefällen vor.

Transparenz entlarvt Wertvernichter

Um valide Entscheidungen treffen zu können, bedarf es eines konsistenten, an der Wertschöpfung ausgerichteten Steuerungsmodells und zwar nicht nur in Krisenzeiten. Nur so können das Geschäft beziehungsweise die Produkte zielgerichtet, zeitnah und unmittelbar gesteuert werden.

Die Gründe für den oftmals anzutreffenden Mangel sind mannigfaltig. Sie reichen von der technologisch bedingten Verliebtheit in ein Produkt über die Nichtakzeptanz geänderter Kundenanforderungen bis hin zu harten, organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Fehlentwicklungen, allen voran:

  • Mangelnde Kostenstellenstrukturen
  • Keine Betriebsdatenerfassung (Material, Zeiten)
  • Keine ausreichende Qualitätskontrolle (daher: Auslieferung von mangelhaften Produkten, Nichtkennen der Schwachstellen etc.)
  • Überholte Arbeitspläne und Stücklisten
  • Keine mitlaufende Kalkulation
  • Kein professionelles Produktcontrolling

Basis ist die Kostenstellenstruktur, die es entsprechend auszugestalten gilt. Dies ist die Grundlage, dass in der Buchhaltung die Geschäftsvorfälle verursachungsgerecht erfasst werden. Arbeitspläne und Stücklisten, Maschinenstundensätze und Personalkosten bilden in der Praxis weitere Ansatzpunkte. Wir können immer wieder feststellen, dass diese nicht gepflegt beziehungsweise aktualisiert sind. Eine Angebotskalkulation kann daher nur ins Leere laufen. Das böse Erwachen kommt dann im Rahmen des nachlaufenden Kosten-Controllings, teilweise sogar erst im Rahmen des legalen Abschlusses, wenn die GuV ein signifikantes Minus ausweist und die Cash-Flow-Rechnung ans Licht bringt, was man schon seit langem „ahnte“.

Identifikation, Kontrolle, Steuerung wertschaffender Aktivitäten

Maßnahmen richten sich demnach auf alle relevanten Aktionen, die der Identifikation, Kontrolle und Steuerung der wirklichen wertschaffenden Produkte und Services dienen:

  • Einheitliche Festlegung der organisatorischen Strukturen (Profit Center, Cost Center etc.) über Standortgrenzen hinweg
  • Abbildung der Organisation in den Systemen
  • Professionalisierung der Kalkulationsmethoden und der relevanten Datenbasis
  • Kontinuierliche, zeitnahe Betriebsdatenerfassung und
  • standardisierte, automatisierte Verarbeitung der Daten

Nur so schaffen Sie die Grundlagen für fundierte Entscheidungen. Nur so gewinnen Sie Transparenz über Ihre Werttreiber und Wertvernichter. Nur so können Sie Ihre Investitionen in den Ausbau Ihrer Ertragsposition steuern.

Gerade jetzt und vor dem Hintergrund der kommenden Herausforderungen ist es essenziell, diese Transparenz zu haben. Es gilt jetzt, die staatlichen Hilfen sowie die Lockerungen, zum Beispiel durch das COVInsAG, zu nutzen und die Hausaufgaben (endlich) zu machen. Ein weiteres Aufschieben auf die lange Bank ist endlich und die Bank wird zusehend kürzer.

Lassen Sie uns darüber sprechen, wie wir Sie dabei unterstützen können, Ihre Wettbewerbsfähigkeit auf eine solide Grundlage zu stellen.

Sep 29, 2020
Patrick Minner
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