Diverse Megatrends prägen die Entwicklung in unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen und bestimmen die künftigen Entwicklungspfade für Unternehmen und Branchen. Insbesondere die Logistikwirtschaft wird in ihrer Entwicklung von gravierenden Veränderungen des wirtschaftlichen Umfelds in hohem Maße von der Digitalisierung disruptiv beeinflusst.
Stichworte sind hier „Logistik 4.0“ oder „Smart Logistik“.
Die größte Herausforderung für die interne und externe Digitalisierung bei Logistikdienstleistern ist es, die zu implementierenden Technologien und Werkzeuge mit wirtschaftlichen Kennzahlen zu versehen und entsprechend zu priorisieren. Gleichzeitig gilt es, den daraus resultierenden Kulturwandel im operationalen Geschäft zu begleiten, um damit nachhaltigen Erfolg am Markt zu gewährleisten. Eine weitere Herausforderung besteht darin, Investitionen selektiv vorzunehmen, um erfolgreich zu bleiben. Da die Margen in der Logistikbranche relativ niedrig sind, ist eine Investition ohne kurz- und mittelfristigen Erfolg nicht einfach zu verkraften.
Auf der einen Seite besteht also Handlungsbedarf, auf der anderen Seite fehlen vielen Unternehmensvertretern, insbesondere im Mittelstand, ausreichend Informationen darüber, wo ein Digitalisierungswerkzeug einsetzbar ist und ob es überhaupt schon reif für den Einsatz ist. Im Dunkeln bleibt auch die Frage, welcher Wertbeitrag vom Einsatz verschiedener Werkzeuge zu erwarten ist.
Aktuelle digitale Werkzeuge
Die digitalen Werkzeuge, die derzeit in der Logistik verwendet oder ausprobiert werden, lassen sich in sieben Kategorien einteilen:
Algorithmen:
Big Data, Künstliche Intelligenz, Machine Learning, Predictive Maintenance
Daten:
Datenauswertung, Datenkonsistenz, Datensicherheit, dezentrale Datenspeicherung
Kommunikation:
Chatbots, Sensorik, Trac & Trace
Papierlos:
Datenerhebung, Datenverarbeitung, Datenversendung
Robotik:
Flexförderer, Maschinen, Smart Devices
Systeme:
Plattformen, Systemarchitektur, Systemschnittstellen, Telematik
Verkehr:
Autonomes Fahren, Platooning, Shared Logistics Resources
Während Cloud Services, Analyseverfahren und Algorithmen, E-Dokumentenmanagement, Bild- und Umgebungssensorik schon in der Breite genutzt werden, sind beispielsweise innerbetriebliches autonomes Fahren, Predictive Analytics, Chatbots und E-Payment meistens erst im Pilotbetrieb. Blockchain, Autonomes Fahren im öffentlichen Raum, Wearables, Dynamic Pricing oder Anticipatory Logistics stecken noch in den Kinderschuhen.
Zukunftsvisionen zwingen zum Handeln
Schaut man sich die Zukunftsvisionen in der Logistik für 2030 an, wird deutlich, dass es keine Option ist, abzuwarten. Jeder Logistikdienstleister muss sich darüber im Klaren sein, dass es um seine künftige Wettbewerbsfähigkeit beziehungsweise sein Überleben geht. Ich gehe davon aus, dass in zehn Jahren sämtliche Transportbedarfe und -ressourcen in einer zentralen (Cloud)Plattform hinterlegt und für die Akteure innerhalb von Transportnetzen frei zugänglich sind. Wer dabei sein möchte, braucht Transportmittel, die mit Technologien zur Erfassung und Übermittlung relevanter Daten wie Beladezustand, Position, Charakteristika wie Kühlvorrichtung sowie der zu transportierenden Güter auf Packstückebene ausgestattet sind. Die Planung und Verteilung der Ressourcen wird dezentral und iterativ unter Berücksichtigung entscheidungsrelevanter und zu definierender Kriterien erfolgen. Die ganzheitliche Datengrundlage lässt das System komplexe Zusammenhänge erkennen und die Transportaktivitäten sich (teil)automatisiert koordinieren und steuern, sodass der Mensch andere, noch nicht automatisierte und nicht automatisierbare Tätigkeiten übernehmen kann.
Darüber hinaus wird es in einzelnen Segmenten der Transportlogistik eine stärkere Vernetzung geben. Die großen Akteure werden unterstützende Systeme etablieren, die durch weitgehende Automatisierung den kleinen Unternehmen die Administration abnehmen, sodass deutliche Effizienzgewinne entstehen.
Auf der Langstrecke werden autonom fahrende Lkw zum Standard. Der Fahrer übernimmt Aufgaben, die nicht mit dem eigentlichen Fahren zu tun haben wie Überwachung oder telefonische Kundenbetreuung. Auf der Kurzstrecke sind ressourceneffiziente Transportmittel im Einsatz, zum Beispiel mit alternativen Antriebsformen oder Lieferroboter. In den Städten wird sich die Belieferung auf die Nachtstunden verlagern. Standardisierte Behälter fördern die weitere Automatisierung bei der Be- und Entladung.
Neue Kompetenzen, neues Denken notwendig
Smart Logistik erfordert zusätzlich zu den vorhandenen Kompetenzen und Erfahrungen den Aufbau zusätzlicher Fähigkeiten, vor allem im IT- und Eigenverantwortlichkeitsbereich. Technologien werden datenorientiert, Prozesse kundenorientiert und die Infrastruktur organisationsorientiert. Das bedeutet, die Unternehmen müssen Kompetenzen beispielsweise in Datenauswertung und Analyse, IT-Sicherheit, Kundenbeziehungsmanagement, Online-Marketing, IT-Architekturen und Datenschutz aufbauen. Die Mitarbeiter müssen vor allem ihr Mindset ändern. Sie müssen unter anderem lernen, interdisziplinär zu denken und zu handeln, komplexe Arbeitsinhalte zu beherrschen, eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen, ihre Sozial- und Kommunikationskompetenz zu erhöhen.
Fazit: Unternehmen müssen sich laufend mit Zukunftsthemen und Trends beschäftigen, um den Anschluss bei der schrittweisen Veränderung nicht zu verpassen, Handlungsfelder definieren und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Der Wandel wird sicherlich bei den einen schneller, bei den anderen langsamer erfolgen, aber er muss stattfinden. Es gilt, Kompetenzen aufzubauen, Strukturen zu öffnen und die Voraussetzungen für neue Formen des (Zusammen)Arbeitens auf verschiedenen Ebenen zu schaffen.