Manager im Mittelstand: Niemals ohne die Familie

Gegensätzliche Erwartungen frustrieren beide Seiten

Wenn Mittelständler wachsen, große Changeprojekte anstehen oder die Nachfolge geregelt werden soll, kommen die sogenannten Fremdmanager ins Spiel. Egal ob sie festangestellt oder nur für bestimmte Aufgaben ins Unternehmen geholt werden: Manager auf C-Level-Ebene, die nicht Teil der Unternehmerfamilie sind, bewegen sich auf einem schmalen Grat. Die Erwartungen an sie sind hoch, doch letztlich drehen nicht die Manager am großen Rad, sondern die Familie.

Ein typischer Fall: Ein Familienunternehmen mittlerer Größe in der Baubranche möchte die Nachfolge regeln. Das Gesellschafter-Ehepaar möchte sich aus dem operativen Geschäft zurückziehen, ein Fremdmanager soll künftig die Geschäfte führen. Nach rund vier Jahren zieht sich auch der dritte Kandidat frustriert zurück. Das Ehepaar steigt wieder voll ein. Was war passiert? Zum einen hatte sich das Unternehmerpaar nie richtig zurückgezogen, sondern nur teilweise. Das führte dazu, dass die Mitarbeiter nicht mehr wussten, wessen Anweisungen sie folgen sollten, zumal durch die andere Arbeitsweise der jeweils jüngeren Fremdgeschäftsführer nach und nach zwei Kulturen im Unternehmen entstanden waren. Auf der anderen Seite hatten die Eigentümer dem neuen Geschäftsführer zwar vertraglich zugesichert, er habe operativ freie Hand, doch eigentlich wollten sie in alle Entscheidungen eingebunden oder zumindest informiert werden. Nachdem auch Moderation nichts brachte, trennte man sich jedes Mal.

Übereinstimmende Werte als Basis

Externe Manager in Familienunternehmen, egal zu welchem Zweck sie eingesetzt werden, brauchen Geduld, Empathie und viel Fingerspitzengefühl. Je größer die Veränderungen im Unternehmen, die von ihnen erwartet werden, desto klarer müssen die Aufgaben und gegenseitigen Erwartungen auf den Tisch. Dafür muss man sich Zeit nehmen. Denn letztlich möchte der Unternehmer kein verändertes Unternehmen, sondern ein Problem gelöst haben. Manager, die hier die große Veränderungskeule schwingen, werden das Unternehmen bald wieder verlassen (müssen). Veränderung in Familienunternehmen kann nur mit der Familie gelingen. „Entscheidend dafür, dass neue oder Fremd- und Interim-Manager ihre Aufgabe in Familienunternehmen lösen können, ist ein übereinstimmendes Wertesystem. Und Kommunikation mit so einem Tiefgang, dass Missverständnisse auf der Ebene von Schlagworten ausgeschlossen sind“, sagt mein Kollege Markus Trost, Partner bei Odgers Berndtson. „Es bedarf intensiver Gespräche mit beiden Seiten, wenn man den geeigneten Partner für eine langfristige Zusammenarbeit finden möchte. Berater, Manager und die Unternehmerfamilie müssen Klarheit über die erwünschten fachlichen und persönlichen Kompetenzen des Managers und über die tatsächlichen Erwartungen der Unternehmerfamilie in Bezug auf die Aufgabe schaffen. Anfangs sieht man meistens nur die Spitze des Eisbergs.“

Klarheit schaffen, Vertrauen aufbauen

Das gilt auch für den Einsatz von Interim Managern. Deshalb nehmen wir uns ausreichend Zeit, um den Handlungsrahmen des Mandats zu verstehen, also Aufgabenstellung, Umfeld und Ziel. Auf diese Weise können wir Manager empfehlen, die die Aufgaben sicher und im Sinne der Unternehmerfamilie lösen. Zusammen wird dann die Vorgehensweise festgelegt. Aus dem gemeinsamen Verständnis heraus werden Handlungsempfehlungen entwickelt und mit den verschiedenen Interessengruppen abgeglichen. Dabei lassen sich potenzielle Zielkonflikte schon in einem frühen Stadium erkennen, Risiken erfassen und Lösungen aufzeigen. Schrittweise wird der Handlungsrahmen gemeinsam konkretisiert und die Maßnahmen definiert. Das Vertrauen der Unternehmerfamilie wird gestützt durch die Festlegung von Terminen, Kennzahlen und die regelmäßige Dokumentation des Projektfortschritts sowie eine permanente Information, Kommunikation und Abstimmung.

Ich bin überzeugt, dass Manager in Familienunternehmen nur dann effektiv umsetzen und die Nachhaltigkeit des Erfolgs sichern können, wenn sie in ihren Entscheidungen die Perspektive des Gesellschafters an die erste Stelle setzen. Nicht die Unternehmerfamilie muss sich nach den Managern richten, sondern die Manager nach der Familie.

Mar 9, 2020
Sascha Hackstein
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