Projekte sanieren statt aufgeben

Das ungeliebte Kind retten - Schadensbegrenzung leisten

Ein Großteil unternehmensrelevanter Vorhaben wie die Einführung einer neuen ERP-Software, die Verlagerung einer Produktion oder die Umsetzung von Programmen zur Ergebnisverbesserung  kommen häufig  nur schleppend voran. Das ärgert Management und Mitarbeiter, kostet Geld und verbraucht Ressourcen. Sascha Hackstein und Thomas Kritzner, Experte für Programm- und Projektmanagement, nennen im Gespräch die Gründe für das Scheitern von Projektvorhaben und machen Vorschläge zur Problemlösung.

Sascha Hackstein: Unternehmen aus allen Branchen müssen sich kontinuierlich und zügig auf volatile,  verändernde Marktbedingungen einstellen, um ihre Wettbewerbs-  und Zukunftsfähigkeit abzusichern. Häufig sind hierzu unternehmensübergreifende Maßnahmen wie die Neuausrichtung der Supply Chain oder eines Production Foot Prints erforderlich. Solche Vorhaben werden in den meisten Unternehmen in Form  von Projekten und unter Anwendung gängiger Projektmanagement-Methoden gesteuert und umgesetzt. Dennoch scheitert ein Großteil aller Projekte an der Erreichung der Hauptprojektziele: Kosten, Termine und Qualität.

Thomas Kritzner: Das stimmt – bleiben wir bei dem Beispiel der Supply Chain:  die Vermengung von Tages- und Projektaufgaben führt dazu, dass weder die Kernabläufe der Supply Chain noch die Aufgaben der Transformation zufriedenstellende Ergebnisse erbringen. In solchen Fällen halte ich eine Projektsanierung für sinnvoll, um den Projekterfolg abzusichern. Meistens mangelt es schon an einem klaren Projektauftrag, der Ziele, Ressourcen, Projektphasen, Zeitplanung und das Rollenverständnis verschiedener Interessengruppen in der Projektorganisation darstellt. Dieser „Project Charter“ sollte mit allen Beteiligten im Unternehmen besprochen und gegebenenfalls optimiert werden. Bei sehr großen Vorhaben ist es zudem oft sinnvoll, die Arbeiten in mehrere Projekte zu zerlegen.

Sascha Hackstein: Selbst wenn der Projektauftrag klar ist, kommt es häufig zum Stillstand. Die Gründe dafür liegen ebenso an einer fehlenden Systematik, unzureichender Kommunikation, mangelhafter Erfolgskontrolle wie auch an fehlender Zusammenarbeit zwischen der Projekt- und der Linienorganisation. Häufig funktioniert die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Bereichen oder Abteilungen nicht oder die richtigen Entscheider sind nicht zum richtigen Zeitpunkt eingebunden.

Thomas Kritzner:  Ich halte ein strukturiertes Vorgehen für erfolgsentscheidend. Um bei dem Beispiel der Supply Chain zu bleiben, sollte zunächst jedes der Einzelprojekte in vier Arbeitsfelder unterteilt werden: Auftragsplanung, Materialplanung/Einkauf, Herstellung und Lieferlogistik. Jedes dieser vier Arbeitsfelder – mit seinen typischen Aufgaben – lässt sich so in Teilaufgaben herunterbrechen, um schrittweise belastbare Ergebnisse zu erzielen. Hierfür ist es zweckmäßig, die erforderlichen Bearbeitungsstufen zur vereinfachten Kommunikation in Projektabschnitte zu gliedern:

  • Vorbereitung
  • Konzepterstellung
  • Umsetzung
  • Fertigstellung

Die erfolgreiche Realisierung der Aufgaben wird an den Anforderungen gemessen, die zuvor als zwingend erforderlich definiert wurden. Die Erarbeitung dieser Anforderungen (requirements) ist die zentrale Planungsarbeit, die vor dem eigentlichen Projektbeginn zu leisten ist. Erst dadurch wird die Kontrolle des Projektfortschritts möglich. Er wird in „Quality Gate Reviews“ jeweils am Ende jeder Bearbeitungsstufe durchgeführt und dokumentiert. Sie ermöglichen der Unternehmensleitung, die zu erwartenden Geschäftsrisiken und den daraus resultierenden Korrekturbedarf der Projektbedingungen sicher zu handhaben.

Sascha Hackstein: Das Projektmanagement ist ein Mittel zum Zweck und steht für ein schlankes, effektives und auf die notwendigen Prozesse und Strukturen konzentriertes Vorgehen.

Für eine erfolgreiche Rettung von Projekten – egal in welchem Bereich –, die ins Schlingern geraten sind, gehen Berndtson Interim Manager strukturiert vor:

  • Sie analysieren die Krisensituation und -ursachen im Projekt und erarbeiten operative und finanzielle Maßnahmen, um das Projekt wieder auf Zielkurs zu bringen.
  • Ziel ist stets die Fortführung des sanierten Projekts, den Schaden zu begrenzen und weiterhin möglichen Nutzen realisierbar zu machen. Dabei kommt der Vermeidung von wirtschaftlichen und rechtlichen Schäden sowie der Begrenzung von Risiken höchste Priorität zu.
  • Die Stakeholder-Kommunikation muss optimiert werden, um das Vertrauen im Markt zu verbessern beziehungsweise zurückzugewinnen.

Thomas Kritzner: Durch Klärung der Anforderungen an die zu erbringenden Arbeitsergebnisse und das Qualifizieren von fachübergreifenden Arbeitsteams entsteht eine Bereicherung des Rollenverständnisses für Mitarbeiter und Vorgesetzte. Dies erleichtert die Steuerbarkeit der Ressourcen getrennt nach Tages- und Projektgeschäft. Durch eigenverantwortliche Moderation der Projektteams kann verlorenes Vertrauen schnell zurückgewonnen werden.

Das Engagement der Projektteams und Mitarbeiter sowie die fachübergreifende Zusammenarbeit sind tatsächlich entscheidend für den Projekterfolg. Deshalb sollten Transparenz und Kommunikation ganz oben auf der To-Do-Liste der Geschäftsleitung für solche Vorhaben stehen. Schon in der Planung eines Vorhabens muss transparent sein, wie dessen Ziele realistisch erreichbar werden. Dann ist Projektmanagement erfolgreich, da die Projektteilnehmer die Kosten-, Termin- und Qualitätsvorgaben verinnerlichen und motiviert umsetzen.

Sascha Hackstein: Ich halte es bei der Projektsanierung auch für erforderlich, alles in Frage zu stellen und sofortige Maßnahmen zur Korrektur einzuleiten, beispielsweise Neudefinition des Leistungsumfangs, Neuregelung der Pojektfinanzierung, Neuplanung des Ablaufs, eventuell Verlängerung der Projektlaufzeit, Neugestaltung der Projektorganisation, Neubesetzung des Projektteams, Veränderung des Projektmanangmentsystems. Eine Projektsanierung mit einem erfahrenen und unverstellten Blick von außen, bietet die beste Erfolgschance für die „ungeliebten Kinder“ in der Projektlandschaft.

Oct 9, 2020
Sascha Hackstein
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